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Allein in Deutschland werden jährlich schätzungsweise 50 Millionen männliche direkt nach dem Schlüpfen getötet. Für die Geflügelwirtschaft lohnt es sich wirtschaftlich nicht, männliche Küken aus der Eierproduktion durchzufüttern, und auch für die Fleischproduktion sind andere Hühnerrassen ertragreicher. Der Begriff „“ beschreibt das tragische Verfahren, das den Eintagsküken widerfährt: Im Anschluss an das Schlüpfen wird das Geschlecht und Schicksal der Küken bestimmt. Das liegt auch daran, dass die Brütereien erst nach dem Schlüpfen der Küken das Geschlecht erkennen. Eine mögliche Lösung stellt die frühzeitige Geschlechtsbestimmung der Küken bereits im Brutei dar.

Kükenschreddern: Verbot gerichtlich anordnen?

Den Ausgangspunkt des Rechtsstreits stellt ein Erlass zum Verbot des Kükentötens durch das nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerium im Jahr 2013 dar. Daraufhin gingen betroffene Brütereien gerichtlich gegen das verhängte Verbotsverfügen vor und bekamen in mehreren Instanzen Recht.
Noch im Mai 2016 hat das Oberverwaltungsgericht Münster das massenhafte Töten männlicher Küken als zulässig eingestuft. Nach Aussage des Gerichts sei das Kükenschreddern mit dem Tierschutz insofern vereinbar, da es an Alternativen für die Brütereien mangele. Das Oberverwaltungsgericht billigt das Töten der männlichen Küken, da die Aufzucht dieser Küken einen unverhältnismäßig großen Aufwand für die Brütereien darstelle.
Im Anschluss an den Gerichtsbeschluss aus Münster ist das unterlegende Land Nordrhein-Westfalen gegen die zuvor ausgeschlagene Revision vorgegangen. Anfang des Jahres 2017 hat dann das Bundesverwaltungsgericht Revision gegen die Urteile des Oberverwaltungsgerichts zugelassen, sodass sich nun doch mit dem umstrittenen Kükenschreddern befasst werden muss. Es ist allerdings noch unklar, wann sich eine Klärung der Streitfrage ergibt.

Gegen das Kükenschreddern: Beispiel SELEGGT-Verfahren

Es gibt mehrere Ansätze das Kükenschreddern zu umgehen. Neben der Bruderhahnmast und dem Zweinutzungshuhn stellt die frühzeitige Geschlechtsbestimmung der Küken im Ei eine Alternative dar. Dieses Vorhaben verfolgt das SELEGGT-Verfahren, das auf der endokrinologischen Geschlechtsbestimmung im Brutei (auch: Hormonforschung) basiert. Dabei entnimmt man dem bebrüteten Ei etwas Flüssigkeit und bestimmt daraufhin innerhalb kürzester Zeit das Geschlecht des heranwachsenden Embyros.
Den Verbrauchern bekannt werden dürfte das SELEGGT-Verfahren unter dem Namen respeggt. Gemeinsam wird Grundlagenforschung der Geschlechtsbestimmung im Brutei betrieben, um eine praxisreife Lösung zu entwickeln. Somit soll zukünftig möglichst flächendeckend auf das Kükenschreddern verzichtet werden. Die Wahl der endokrinologischen Methode basiert bereits auf umfangreichen Sichtungsphasen. Die Herausforderung besteht vor allem darin, eine praxistaugliche zu entwickeln, die in die Arbeitsläufe der Brütereien integrierbar ist.
respeggt, was auf dem SELEGGT-Verfahren basiert, geht wie folgt vor: Dem bebrüteten Ei werden ein paar Tropfen aus der embryonalen Harnblase entnommen – der Embryo bleibt dabei unversehrt. In der entnommenen Flüssigkeit befindet sich bei einem weiblichen Embryo ein Geschlechtshormon, das außerhalb des Eies durch einen Marker farblich kenntlich gemacht werden kann. Anhand des Farbumschlag lassen sich die Eier anschließend sortieren. Entsprechend werden die männlichen Bruteier sowie die unbefruchteten Eier weiterverarbeitet und die weiblichen Bruteier kommen zurück in den Brutschrank. Die innere Eimembran schließt das kleine Loch ganz selbstständig ohne weiteren Eingriff. Und nach 21 Tagen schlüpfen dann putzmuntere weibliche Küken.

Verfahren zu kostenintensiv, also weiter Kükenschreddern?

Der Industrie stehen bereits seit Jahren technologische Verfahren zur Verfügung, mithilfe derer sich das Geschlecht der Küken im befruchteten Ei erkennen lässt. Neben technischen Herausforderungen werden jedoch überwiegend Kostengründe aufgeführt, um neue Technologien in den Brütereien zu umgehen: Kritiker argumentieren, dass die technische Ausstattung für die frühzeitige Geschlechtsbestimmung der Küken im Brutei enorm kostenintensiv und somit nur in wenigen Brütereien realisierbar sei.
Zum einen sollten wirtschaftliche Interessen natürlich nicht über das Tierwohl und somit das Kükenschreddern entscheiden, zum anderen ist diese Argumentation auch einfach nicht fundiert. Eine in eine verbesserte technische Ausstattung ist allgemein mit erhöhten Kosten verbunden, ja. Dennoch empfiehlt es sich auch hier, die Annäherung holistisch anzugehen. Denn den Anschaffungskosten können folgende Einsparpotentiale durch das SELEGGT-Verfahren gegenübergestellt werden:

  • Einsparung von etwa der Hälfte der Brutkapazität durch die frühzeitige Geschlechtserkennung
  • Wegfall der manuellen Sortierung der geschlüpften Küken
  • Weiterverwertung der aussortierten Eier als hochwertiges Futtermittel
  • Und natürlich auf der ethischen Ebene: Kein Kükenschredder mehr!

respeggt weist mit der SELEGGT-Technologie bereits erste Erfolge in der Weiterentwicklung der endokrinologischen Methode auf. So wurde bspw. ein Marker entwickelt, der auch für Anwendungen in praxistauglichen Verfahren eingesetzt werden kann. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis das Kükenschreddern im gesamten Sektor der Geflügelproduktion ein Ende findet und ein „Kükenschreddern Verbot“ erhoben wird.